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Manuskripte
Rouener Stundenbuch, um 1470.
Estimate:
€ 40,000 / $ 44,000 Sold:
€ 78,720 / $ 86,592 (incl. surcharge)
Lateinisches und französisches Stundenbuch
Manuskript auf Pergament. Rouen, um 1470.
Hochwertiges und charakteristisches Stundenbuch aus dem Atelier des Maître de l'Échevinage de Rouen, dem führenden Miniaturisten Frankreichs in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Vorzügliche, reich illuminierte Arbeit des bekannten Rouener Meisters, der nach wechselnden Zuschreibungen und Benennungen (Jacob Ten Eycken, Master of the Geneva Latini) von der jüngeren Forschung nun meist nach seinen Hauptarbeiten benannt wird, einer Reihe von prachtvollen Bilderhandschriften, die er für die Bibliothek der Rouener Schöffen (frz. échevins) zwischen 1457 und 1480 angefertigt hat. Die Miniaturen unserer Handschrift zeigen die typischen Merkmale seiner Kunst, insbesondere die etwas kantige Gestik der Figuren, die bleichen und teils hochstirnigen Frauengesichter mit grauschattierten Augen, die durch reichliche Goldschraffuren gehöhten Gewänder sowie die in fast jedem Bild vorhandenen roten und blauen Tapisserien mit charakteristischem Brokatmuster. Der exquisite, reich varierende, von Drolieren und Fabelwesen bevölkerte Bordürenschmuck des Stundenbuchs gehört zu den luxuriöseren Produktionen des Ateliers und ist mit seinem teils grisaille-artigen Akanthus auf goldenem, wechselnd geometrischem Grund ein prächtiges Beispiel für die Rouener Bordürenmalerei dieser Zeit. Bei der Hirtenverkündigung hat die Drollerei des Bordürenmalers die Bildgrenze gar übersprungen, denn ein Bär macht sich in der Bordüre mit einem Lämmchen davon, das er offenbar aus der Schafherde der Hirten geraubt hat.
Der Miniaturen-Zyklus zeigt die klassischen Bildthemen für die jeweiligen Gebete. Bemerkenswert ist die vierteilige Darstellung der Evangelisten in einer Miniatur, die drei medaillonförmigen Randminiaturen zur Verkündigungsszene, ferner das typisierte Porträt der Auftraggeberin der Handschrift, einer vornehmen Dame, die kniend die Muttergottes mit dem Jesusknaben anbetet. Diese Dame ist darüberhinaus auch in der Hirtenverkündigung dargestellt, wo sie am Fuß der Szene ein Lamm streichelt.
Das französische Kalendarium nach Rouen nahezu voll besetzt, Einträge alternierend in Blau und Rot, Hauptfeste in Gold, darunter: Vincent (22. Jan.), Pierre (29. Juni und 22. Febr. Cathedra Petri), Marcial (3. Juli), Saint Sauveur (6. Aug.), Denis (9. Okt.), Romain (23. Okt.), Martin (11. Nov. und 4. Juli Translatio), Clement (23. Nov.), Katharine (25. Nov.) und Nicholas (6. Dez. und 9. Mai Translatio). - Marien- und Totenoffizium nach Gebrauch von Rouen.
Inhalt: Kalendarium (1r-12v), Evangeliensequenzen (13r-17v), Obsecro te (in maskuliner Form; 17v-23v), O intemerata (20v-23v), 1 unbeschriebenes regliertes Bl. (24), Marienoffizium (25r-58v), Bußpsalmen (59r-68r), Litanei (68r-72r), Stundengebet zum Hl. Kreuz (72v-74v), Stundengebet zum Hl. Geist (75r-77r), 1 unbeschriebenes regliertes Bl. (78), Totenoffizium (79r-100r), Dulce Dame (100v-105r), Dulce Dieu (105r-107v), 1 unbeschriebenes Bl. (108, verso u. recto regliert und mit Seitenbordüre).
EINBAND: Olivgrüner Maroquinband um 1700 mit Goldprägung und Ganzgoldschnitt. 19 : 13 cm. - ILLUSTRATION: Mit 14 großen Miniaturen, davon die erste (Marienverkündigung) mit 3 Medaillonminiaturen, sowie 24 Kalenderminiaturen. Sämtliche Miniaturen ganzseitig umgeben von breiten Bordüren mit meist geometrisch gefelderten Gold- und Farbgründen, gefüllt mit hellblauem, weiß-grauem, blauem und rotem Akanthus, verschiedenen Blumen und Früchten sowie Tieren, Drolerien und Fabelwesen. Ferner alle Textseiten mit breiten Außenrandbordüren, darin Akanthus, verschiedene Blüten und Früchte, Rectoseiten zudem teils mit schmaler Bordüre am Innenrand. Die Miniaturenseiten jeweils mit 3-zeiliger Prachtinitiale, entweder in Hellbau-Weiß auf goldenem Grund mit Blumen oder Früchten im Binnenraum, oder in Blau auf Blattgoldgrund, Buchstabenkörper weiß ornamentiert und Binnenfeld mit farbiger Rankenfüllung. Textseiten mit zahlreichen zweizeiligen blauen Initialen auf Goldgrund sowie einzeiligen Goldinitialen auf blauem und mauvefarbenem Grund und Zeilenfüllern in gleicher Gestaltung. - KOLLATION: 108 Bll. Blattgröße 18,5 : 12,5 cm. Schriftspiegel 10 : 6,5 cm. 16 Zeilen, regliert. Textura, dunkelbraune Tinte, Hervorhebungen in Rot. - ZUSTAND: Stellenw. geringfügig fleckig (meist im Randbereich). Einband bestoßen und etw. berieben, Schließen entfernt. Ingesamt schönes und guterhaltenes Manuskript, die Miniaturen farbkräftig und sauber. - PROVENIENZ: Erste Seite des Kalendariums im Unterrand mit hs. Eintragung "LaJonchere" in Majuskeln (18. Jh.). vord. festes Vorsatzbl. längs eingerissen und zum Bund hin gelöst, dadurch der ursprüngliche, fragmentarisch erhaltene Pergamentumschlag sichtbar, dieser mit Eintragung einer frz. Hand des 16. Jahrhunderts. - Seit einem halben Jahrhundert in Privatbesitz. Unpubliziert.
LITERATUR: Vgl. C. Rabel, Le Maître de l'Échevinage de Rouen . In: Les Enluminures du Louvre, Moyen Âge et Renaissance. Hrsg. von F. Avril u. a., Paris 2011, S. 208. - C. Rabel, Artiste et clientèle à la fin du Moyen Age: les manuscrits profanes du Maître de l'Échevinage de Rouen. In: Revue de art, Bd. 84, 1989, S. 48-60. - F. Avril und N. Reynaud, Les manuscrits à peintures en France 1440-1520 . Paris 1993, S. 169ff. - E. König, Leuchtendes Mittelalter V (Kat. XXX Antiquariat Tenschert). Rotthalmünster 1993, Nr. 20. - J. M. Plotzek, Andachtsbücher des Mittelalters aus Privatbesitz . Köln 1987, Nr. 35. - J. Plummer, The Last Flowering . New York 1982, Nr. 88.
Exquisitely illuminated miniature Hours by the Master of the Echevinage of Rouen (also known as the Master of the Geneva Latini), one of the leading French illuminators in 15th century. His career in the Norman capital began c.1460 and continued into the 1480s. This Book of Hours is one of his more luxuriously works with highly detailed and varying borders containing beasts and grotesques. - Latin and French manuscript on vellum for the use of Rouen, c. 1470. 108 leaves. Sheet size 18,5 : 12,5 cm. With 14 large miniatures, of which the first (Annuncation) with 3 medailion miniatures, and 24 calendar miniatures. All large miniatures surrounded by broad borders of acanthus in several colors, with blossoms and fruits, animals and drolleries. Each page with boarder at side, text with numerous fine initials on gilt or color ground, among them several 3-line initials of higher quality. Gilt olive-brown morocco around 1700 with gilt edges. - Partly minimal staining (mostly in the margins). Binding bumped and somewhat rubbed, clasps removed. In general fine and well-preserved manuscript, the miniatures clean and intense in color. - 18th century inscription "LaJonchere" at lower margin of fhe first page (calendar), front pastedown cracked by an early vellum wrapper fragment lying beneath, this with 16th cent. entry by a French hand. Since fifty years in a private collection. Unpublished.
Manuskript auf Pergament. Rouen, um 1470.
Hochwertiges und charakteristisches Stundenbuch aus dem Atelier des Maître de l'Échevinage de Rouen, dem führenden Miniaturisten Frankreichs in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.
Vorzügliche, reich illuminierte Arbeit des bekannten Rouener Meisters, der nach wechselnden Zuschreibungen und Benennungen (Jacob Ten Eycken, Master of the Geneva Latini) von der jüngeren Forschung nun meist nach seinen Hauptarbeiten benannt wird, einer Reihe von prachtvollen Bilderhandschriften, die er für die Bibliothek der Rouener Schöffen (frz. échevins) zwischen 1457 und 1480 angefertigt hat. Die Miniaturen unserer Handschrift zeigen die typischen Merkmale seiner Kunst, insbesondere die etwas kantige Gestik der Figuren, die bleichen und teils hochstirnigen Frauengesichter mit grauschattierten Augen, die durch reichliche Goldschraffuren gehöhten Gewänder sowie die in fast jedem Bild vorhandenen roten und blauen Tapisserien mit charakteristischem Brokatmuster. Der exquisite, reich varierende, von Drolieren und Fabelwesen bevölkerte Bordürenschmuck des Stundenbuchs gehört zu den luxuriöseren Produktionen des Ateliers und ist mit seinem teils grisaille-artigen Akanthus auf goldenem, wechselnd geometrischem Grund ein prächtiges Beispiel für die Rouener Bordürenmalerei dieser Zeit. Bei der Hirtenverkündigung hat die Drollerei des Bordürenmalers die Bildgrenze gar übersprungen, denn ein Bär macht sich in der Bordüre mit einem Lämmchen davon, das er offenbar aus der Schafherde der Hirten geraubt hat.
Der Miniaturen-Zyklus zeigt die klassischen Bildthemen für die jeweiligen Gebete. Bemerkenswert ist die vierteilige Darstellung der Evangelisten in einer Miniatur, die drei medaillonförmigen Randminiaturen zur Verkündigungsszene, ferner das typisierte Porträt der Auftraggeberin der Handschrift, einer vornehmen Dame, die kniend die Muttergottes mit dem Jesusknaben anbetet. Diese Dame ist darüberhinaus auch in der Hirtenverkündigung dargestellt, wo sie am Fuß der Szene ein Lamm streichelt.
Das französische Kalendarium nach Rouen nahezu voll besetzt, Einträge alternierend in Blau und Rot, Hauptfeste in Gold, darunter: Vincent (22. Jan.), Pierre (29. Juni und 22. Febr. Cathedra Petri), Marcial (3. Juli), Saint Sauveur (6. Aug.), Denis (9. Okt.), Romain (23. Okt.), Martin (11. Nov. und 4. Juli Translatio), Clement (23. Nov.), Katharine (25. Nov.) und Nicholas (6. Dez. und 9. Mai Translatio). - Marien- und Totenoffizium nach Gebrauch von Rouen.
Inhalt: Kalendarium (1r-12v), Evangeliensequenzen (13r-17v), Obsecro te (in maskuliner Form; 17v-23v), O intemerata (20v-23v), 1 unbeschriebenes regliertes Bl. (24), Marienoffizium (25r-58v), Bußpsalmen (59r-68r), Litanei (68r-72r), Stundengebet zum Hl. Kreuz (72v-74v), Stundengebet zum Hl. Geist (75r-77r), 1 unbeschriebenes regliertes Bl. (78), Totenoffizium (79r-100r), Dulce Dame (100v-105r), Dulce Dieu (105r-107v), 1 unbeschriebenes Bl. (108, verso u. recto regliert und mit Seitenbordüre).
EINBAND: Olivgrüner Maroquinband um 1700 mit Goldprägung und Ganzgoldschnitt. 19 : 13 cm. - ILLUSTRATION: Mit 14 großen Miniaturen, davon die erste (Marienverkündigung) mit 3 Medaillonminiaturen, sowie 24 Kalenderminiaturen. Sämtliche Miniaturen ganzseitig umgeben von breiten Bordüren mit meist geometrisch gefelderten Gold- und Farbgründen, gefüllt mit hellblauem, weiß-grauem, blauem und rotem Akanthus, verschiedenen Blumen und Früchten sowie Tieren, Drolerien und Fabelwesen. Ferner alle Textseiten mit breiten Außenrandbordüren, darin Akanthus, verschiedene Blüten und Früchte, Rectoseiten zudem teils mit schmaler Bordüre am Innenrand. Die Miniaturenseiten jeweils mit 3-zeiliger Prachtinitiale, entweder in Hellbau-Weiß auf goldenem Grund mit Blumen oder Früchten im Binnenraum, oder in Blau auf Blattgoldgrund, Buchstabenkörper weiß ornamentiert und Binnenfeld mit farbiger Rankenfüllung. Textseiten mit zahlreichen zweizeiligen blauen Initialen auf Goldgrund sowie einzeiligen Goldinitialen auf blauem und mauvefarbenem Grund und Zeilenfüllern in gleicher Gestaltung. - KOLLATION: 108 Bll. Blattgröße 18,5 : 12,5 cm. Schriftspiegel 10 : 6,5 cm. 16 Zeilen, regliert. Textura, dunkelbraune Tinte, Hervorhebungen in Rot. - ZUSTAND: Stellenw. geringfügig fleckig (meist im Randbereich). Einband bestoßen und etw. berieben, Schließen entfernt. Ingesamt schönes und guterhaltenes Manuskript, die Miniaturen farbkräftig und sauber. - PROVENIENZ: Erste Seite des Kalendariums im Unterrand mit hs. Eintragung "LaJonchere" in Majuskeln (18. Jh.). vord. festes Vorsatzbl. längs eingerissen und zum Bund hin gelöst, dadurch der ursprüngliche, fragmentarisch erhaltene Pergamentumschlag sichtbar, dieser mit Eintragung einer frz. Hand des 16. Jahrhunderts. - Seit einem halben Jahrhundert in Privatbesitz. Unpubliziert.
LITERATUR: Vgl. C. Rabel, Le Maître de l'Échevinage de Rouen . In: Les Enluminures du Louvre, Moyen Âge et Renaissance. Hrsg. von F. Avril u. a., Paris 2011, S. 208. - C. Rabel, Artiste et clientèle à la fin du Moyen Age: les manuscrits profanes du Maître de l'Échevinage de Rouen. In: Revue de art, Bd. 84, 1989, S. 48-60. - F. Avril und N. Reynaud, Les manuscrits à peintures en France 1440-1520 . Paris 1993, S. 169ff. - E. König, Leuchtendes Mittelalter V (Kat. XXX Antiquariat Tenschert). Rotthalmünster 1993, Nr. 20. - J. M. Plotzek, Andachtsbücher des Mittelalters aus Privatbesitz . Köln 1987, Nr. 35. - J. Plummer, The Last Flowering . New York 1982, Nr. 88.
Exquisitely illuminated miniature Hours by the Master of the Echevinage of Rouen (also known as the Master of the Geneva Latini), one of the leading French illuminators in 15th century. His career in the Norman capital began c.1460 and continued into the 1480s. This Book of Hours is one of his more luxuriously works with highly detailed and varying borders containing beasts and grotesques. - Latin and French manuscript on vellum for the use of Rouen, c. 1470. 108 leaves. Sheet size 18,5 : 12,5 cm. With 14 large miniatures, of which the first (Annuncation) with 3 medailion miniatures, and 24 calendar miniatures. All large miniatures surrounded by broad borders of acanthus in several colors, with blossoms and fruits, animals and drolleries. Each page with boarder at side, text with numerous fine initials on gilt or color ground, among them several 3-line initials of higher quality. Gilt olive-brown morocco around 1700 with gilt edges. - Partly minimal staining (mostly in the margins). Binding bumped and somewhat rubbed, clasps removed. In general fine and well-preserved manuscript, the miniatures clean and intense in color. - 18th century inscription "LaJonchere" at lower margin of fhe first page (calendar), front pastedown cracked by an early vellum wrapper fragment lying beneath, this with 16th cent. entry by a French hand. Since fifty years in a private collection. Unpublished.
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Manuskripte
Rouener Stundenbuch, um 1470.
Estimate:
€ 40,000 / $ 44,000 Sold:
€ 78,720 / $ 86,592 (incl. surcharge)